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Die Frau, die „Forsviks Bruk“ verwaltete

„ … das Vermögen gut zu verwalten und zu wissen wie man hart für sein Recht kämpft … “

Die oben stehen Worte wurden über Elisabeth Cronströms Großmutter (väterlicherseits) Kristina Hanssen geäußert. Diese lebte 30 Jahre lang als Witwe und verwaltete mehrere Werke in der Region „Bergslagen“. Um ihren Besitz während der Reduktion* zu behalten, war sie gezwungen einen harten Kampf auszufechten, der sowohl Ehrgeiz als auch guten Geschäftssinn verlangte. Sie verstarb im Jahr 1708.

Zu diesem Zeitpunkt war ihre Enkelin Elisabeth Cronström 20 Jahre alt und frisch mit dem deutlich älteren Sebastian Tham verheiratet. Es ist wahrscheinlich, dass Elisabeth mehrere Male ihre Großmutter getroffen hat. Wahrscheinlich war sie sich auch der ehrgeizigen Arbeit ihrer Großmutter bewusst und auch dem Vermögen, das sie während der 30 Jahre, in denen sie die Industrien verwaltete, weiter wachsen ließ. Das, was wir heute über Elisabeth Cronström als Geschäftsfrau und Verwalterin der Werke in Forsvik wissen, lässt uns vermuten, dass ihre Großmutter durch ihr Wirken eines von Elisabeths Vorbildern war.

*Beschluss, in dem festgelegt wurde, dass ein bestimmter Großgrundbesitz in das Eigentum der Krone zurückgeführt wird.

Industriebesitz im Blut

Elisabeth Cronström wurde 1688 geboren. Ihre Kindheit war geprägt von dem Industriebesitz ihrer Familie, die eine große Anzahl von Werkstätten in der Region Bergslagen besaß. Im Jahr 1708 heiratete sie Sebastian Tham in Göteburg und wurde damit seine 3. Ehefrau. In den Jahren 1709 - 1724 wurden in der Ehe nicht weniger als 10 Kinder geboren, obwohl der Ehemann schon deutlich älter war. Vier der Kinder starben kurz nach der Geburt. 5 Jahre nach der Geburt des letzten Kindes starb Sebastian Tham. Im Alter von 41 Jahren wurde Elisabeth Witwe – UND somit auch zum ersten Mal in ihrem Leben mündig!

Sebastian Tham war ohne Zweifel einer der reichsten Männer ganz in Schweden. Als er im Jahr 1729 starb verzeichnete das Erbe 528 000 Taler Silbermünzen (ca 97 Mio. SEK 2015). Und in dieser Summe war Forsvik nicht mit eingerechnet, da immer noch ein Prozess mit den Erben von Anton von Boij lief. Der berechnete Wert von Forsvik war zu diesem Zeitpunkt 33 060 Taler (ca 6 Mio. SEK 2015). Wahrscheinlich wäre der Besitz heute höher bewertet worden; „Das Steinhaus in der Stadt“ – das Haus der Familie Tham auf der Västra Hamngatan 19 in Göteburg war auf 10 000 Taler Silbermünzen gewertet worden, was heute nur ca 2 Mio SEK entsprechen würde.

Sie wird „Forsviks Bruks“ neue Besitzerin

Elisabeth Cronströn erbte das Gutshaus in Öjared, das Gutshaus in Sannum und „Das große Haus in der Stadt“ in Göteburg. In einem Punkt erhob sie Einspruch gegen das Testament ihres Ehemannes und darf so auch das Gutshaus in Dala für ihre Söhne behalten. Da sie nun für mündig erklärt wurde, darf sie ihren Besitz selbst verwalten bis sie eventuell erneut heiratet.  (In diesem Fall würde sie erneut unmündig erklärt werden und sie würde dadurch alles Recht verlieren ihren Besitz zu verwalten.)

In seinem Testament verschrieb Sebastian Tham „Forsviks Bruk“ an Elisabeths ältesten Stiefsohn, Vollrath Tham. Als der oben genannte Prozess mit den Erben der Familie von Boij abgeschlossen war, hatte Vollrath Tham nicht die finanziellen Mittel, den Besitz auszulösen. Elisabeth Cronström erkannt ihre Chance und erwarb auch seinen Anteil in „Forsviks Bruk“. Außerdem gelang es ihr, alle Landeigentümer Forsviks während der Zeit von November 1732 – Januar 1733 von ihren Kindern und Stiefkindern einzulösen. Nun war Elisabeth die alleinige Besitzerin von „Forsviks Bruk“ und den umliegenden Ländereien.

Verwaltete  „Forsvik Bruk“ für 40 Jahre

Ungefähr 40 Jahre lang verwaltete Elisabeth Cronström „Forsvik Bruk“ und die dazugehörigen Ländereien Forsvik und Sannum. Während dieser Zeit erweiterte sie außerdem ihren Besitz durch den Kauf von kleinen und großen Landflächen um den Ort Forsvik herum. Sie verstand, wie wichtig es ist, Zugang zu großen Waldgebieten zu haben, um Kohle für die Industrie herstellen zu können. Sie versäumte auch nicht, guten Wohnraum für die Arbeiter zu schaffen. In den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts wurden die die Wohnhäuser für die Schmiede und Müller fertiggestellt, mit je 4 Wohnungen in jedem Haus.

Diese Häuser stehen auch heute noch und werden als Café, Museum und Wohnhäuser benutzt. Außer den Gebäuden, die noch heute in Forsvik zu sehen sind, ließ sie auch eine große Anzahl  an Werkstätten als auch an Wohn- und Lagerhäusern errichten, die zwar nicht erhalten sind, jedoch auf Karten, die zu Zeiten Elisabeths gezeichnet wurden, verzeichnet sind.

Wollte selber Entscheidungen treffen

Elisabeth Cronströms Name kommt selten in Unterlagen vor; oftmals wird sie von einem ihrer Söhne oder einem Verwalter der Industrie oder eines Landgutes vertreten. Jedoch ist die Zielstrebigkeit mit der sie sich den gesamten Besitz von „Forsviks Bruk“ verschaffte, ein Zeichen dafür, wie wichtig ihr es war, Entscheidungen selbst zu treffen. Die männlichen Vertreter waren letztlich nur die Ausführenden..

Nach einem langen und inhaltsreichen Leben verstirbt Elisabeth Cronström im Alter von 83 Jahren am 2. Weihnachtsfeiertag im Jahr 1771 auf dem Gutshaus in Sannum. Die Todesursache war „Wassersucht“.

Wer war Elisabeth Cronström? Leider haben wir darauf heute keine ausführliche Antwort. So sind beispielsweise keine privaten Briefe oder Tagebücher erhalten. Außerdem wird sie nur sehr selten in offiziellen Dokumenten erwähnt. Wir wissen, dass ihr Stiefsohn Vollrath Tham über seine Verhältnisse lebte. Justizaufzeichnungen können wir entnehmen, dass dies ökonomische Schwierigkeiten für Elisabeth bedeutet hat, da sie einen Rechtsprozess gegen die Gläubiger ihres Stiefsohnes verlor. 

Leise aber entschlossen

Das Einzige (außer Geschäftsstrategien und Besitznotizen), was wir noch über Elisabeth Cronström gefunden haben, ist, dass sie einige Male als Patin bei Taufen auftrat und  einige Male der Kirche in Undenäs Geld geschenkt hat. Diese Dinge an sich sind nichts Bemerkenswertes für die gut Bemittelten ihrer Zeit. Vielleicht verfuhr sie nach der gleichen Devise wie Wallenberg: „Wirken, aber nicht gesehen werden“? Sie schien weder ein großes Bedürfnis nach Bestätigung noch nach Prestige zu haben. Sie war anscheinend eher zurückhaltend - jedoch zielstrebig.

Unter wissenschaftlicher Betrachtungsweise,wird vor allem auf schriftliche Quellen Wert gelegt.. Doch diese sind sehr dünn, was Elisabeth Cronström betrifft. Es gibt aber noch etwas, was wir mit Sicherheit wissen: Laut der Hauptbücher lebte sie bis 1760 hauptsächlich auf dem Gut in Sannum. Danach zog sie für 10 Jahre nach Öjared, um schließlich wieder nach Sannum zurück zu kehren.

Vielleicht war sie bekannt mit König Fredrik I und Königin Ulrika Eleonora.Wir wissen, dass diese „Im großen Haus in der Stadt“, dem Haus der Familie Tham in Göteburg, im Jahr 1722 übernachteten. Von Elisabeth Cronström gibt es zwei Portraits – eins von 1708, dem Jahr in dem sie heiratete. Das Zweite ist wahrscheinlich aus dem Jahr 1727. Außerdem kommt ihre Unterschrift auf einigen Dokumenten vor. Vieles bleibt noch zu erforschen über die Frau, die im 18. Jahrhundert „Forsviks Bruk“ fast 40 Jahre lang besaß und verwaltete.

Frau und Besitzerin von Betrieben – verbreiteter als man denkt

Elisabeth Cronström war nicht die Einzige, die als Frau einen Betrieb besessen und verwaltet hat. Im 17. und 18. Jahrhundert gab es ungefähr 300 solcher Frauen! Selten werden sie jedoch in den Geschichtsbüchern erwähnt. Auch die Ehefrauen der Industriebesitzer hatten in der Praxis weitreichende Verantwortungen, was das Verwalten der Industrieanlagen und Werkstätten betraf, auch wenn sie vor dem Gesetz nicht mündig waren.

Außer sich mit den vielen Aufgaben im Haushalt zu befassen, die sich seit dem Mittelalter nicht nennenswert verändert hatten, nahm die Ehefrau den Platz ihres Mannes ein, wenn dieser sich auf Reisen befand oder im Militär Dienst leistete. Sie hatte Wissen über die Geschäfte und die Prozesse in der Herstellung der verschiedenen Waren und Güter die produziert wurden. Falls der Ehemann verstarb, änderten sich die Aufgaben nicht – der Unterschied bestand darin, dass sie jetzt sowohl berechtigt als auch verpflichtet war, das Eigentum zu verwalten. Viele dieser Frauen waren, wie Elisabeth Cronström auch, in Familien von Werksbesitzern aufgewachsen und hatten somit von Kindesbeinen an das nötige Wissen. Sie verwalteten ihre Unternehmen mit großem Erfolg, vergrößerten ihren Besitz und modernisierten die Betriebe.

Oftmals Witwen

Tatsächlich sind es diese Frauen, die bis heute in der Geschichtsdarstellung kaum Beachtung fanden, obwohl sie im Wesentlichen die Entwicklung die industrielle Produktion des Landes in den Jahrhunderten vor dem industriellen Goldalter im 19. Jahrhundert, vorantrieben.

Meist waren sie Witwen von deutlich älteren Ehemännern. Eine verheiratete Frau war nicht mündig, eine Witwe hingegen hatte die gleichen Möglichkeiten und Rechte, Betriebe zu verwalten wie ein Mann, so lange sie Witwe blieb. Bei erneuter Heirat verlor sie dieses Recht wieder. Der schwedische Adel war verhältnismäßig klein und die Eheallianzen waren verzweigt. Die Verhältnisse: wie wer mit wem verwandt war, konnten kompliziert sein - mit Kindern aus mehreren Ehen, Erbstreitigkeiten und unklaren Besitzverhältnissen. Rechtsstreitigkeiten waren deshalb nicht unüblich.


Updated: 2017-07-29 14:12